Beschränkung und Kontrolle geheimdienstlicher Tätigkeiten

Einleitung

Die deutsche Geheimdienststruktur bedarf einer Revision. Die Affäre(n) rund um die Ermittlungen zum NSU-Terror, aber auch der gescheiterte NPD-Verbotsantrag zeigen dies deutlich. Es bestehen zu viele Unklarheiten was die Arbeit der Geheimdienste angeht und die Kontrollmöglichkeiten der Parlamente sind zu gering. Einschränkungen der Tätigkeiten, mindestens aber genauere Vorgaben, und effektivere Kontrollmöglichkeiten sind von Nöten. Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern daher folgende Maßnahmen:

Aufgaben der Geheimdienste

Der Militärische Abschirmdienst (MAD) wird abgeschafft. Die Aufgaben des MAD übernimmt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Zu geringen Teilen übernimmt der Bundesnachrichtendienst (BND) Aufgaben des MAD, und zwar diese, die bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr stattfinden (bspw. Kontrolle örtlichen Personals, etc.). Mit der Abschaffung des MAD entledigt sich der Bund unnötiger Doppelstrukturen.

Neben dem MAD werden auch die Landesämter für Verfassungsschutz abgeschafft. Deren Aufgaben fallen dem BfV zu. Auch dies trägt zu einem Abbau von Doppelstrukturen bei. Eine zu starke Machtfülle beim BfV wird dabei durch Aufgabenbeschränkung und klarere Vorgaben zu seinen Aufgaben verhindert.

Das Betätigungsfeld des BfV wird auf Spionageabwehr und die Beobachtung und Überwachung jener verfassungsfeindlichen Bestrebungen beschränkt, von denen eine reale physische Gefahr ausgeht, die also gewalttätig sind. Eine ideologische Beobachtung und Überwachung „friedlicher Extremisten und Radikaler“ findet nicht mehr statt (bspw. die Beobachtung von Teilen der Linken). Die Beobachtung und Überwachung friedlicher Personen, Gruppierungen und Organisation – seien sie auch verfassungsfeindlich – werden unverzüglich eingestellt.

Für die geheimdienstlichen Tätigkeiten sind klare Regeln zu verfassen. Insbesondere die Praxis der V-Leute muss auf eine rechtliche Basis gestellt werden. Insbesondere bedarf es einer klaren Regelung über Anwerbungskriterien. Es obliegt dem Bundestag festzulegen, wer und wie generell als V-Person in Betracht kommt. Des weiteren wird gesetzlich festgehalten, dass für jeden V-Person-Einsatz eine klarer Erwartungshorizont verfasst wird, welche Erfolge der Einsatz bringen soll, welcher fortlaufend evaluiert wird, sodass ein Einsatz im Zweifelsfall angepasst und auch beendet werden kann. Zielsetzungen und Evaluation der Einsätze sind dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr), sowie dem Vertrauensgremium im Haushaltsausschuss unverzüglich bereitzustellen. So wird verhindert, dass V-Leute über Jahre hinweg mit mäßigem oder gar keinem Erfolg Geld seitens des Staats beziehen, welches im schlimmsten Fall sogar zur Finanzierung verfassungsfeindlicher Organisationen dient. Diese gesetzlichen Regelungen gelten ebenso für polizeiliche V-Leute gelten.

Parlamentarische Kontrolle

Um den Mitarbeiterstäben ganzer Ämter etwas entgegensetzen zu können, muss die Handlungsfähigkeit des Kontrollgremiums gestärkt werden. Dazu werden dem PKGr eigene Mitarbeiter zur Verfügung gestellt, welche der gleichen Geheimhaltungspflicht unterliegen wie die Abgeordneten selbst. Mit eigenen Mitarbeitern wird es den Abgeordneten des PKGr besser möglich, Akten, Berichte, und ähnliches zu Vorgängen nachzuvollziehen und zu bearbeiten.

Zudem muss die Geheimhaltungspflicht der Abgeordneten in einem gewissen Rahmen aufgeweicht werden. Zum einen wird die Geheimhaltungspflicht gegenüber den Mitarbeitern der jeweiligen Abgeordneten abgeschafft – welche dann, genau wie die Mitarbeiter des Gremiums, selbst der Geheimhaltungspflicht unterliegen. Zum anderen wird die Zusammenarbeit zwischen dem PKGr, dem G10- und dem Vertrauensgremium des Haushaltsauschusses ermöglicht. Alle drei Gremien haben mit den gleichen Sachverhalten aus unterschiedlichen Perspektiven zu tun. Um Unregelmäßigkeiten und Regelwidrigkeiten seitens der Nachrichtendienste aufdecken und kontrollieren zu können, müssen diese sich mindestens in Verdachtsfällen über diese konkreten Fälle austauschen können und zusammenarbeiten können.

Das Kontrollgremium und das G10-Gremium erhalten ein gesondertes Klagerecht vor dem was-auch-immer-Gericht (Emanuel, hier bist Du der Experte). PKGr und G10-Gremium können gegen bestimmte nachrichtendienstliche Maßnahmen direkt vor Gericht ziehen, sofern dafür in den Gremien eine qualifizierte Mehrheit besteht.

Als wichtigste Ergänzung der Kontrollmöglichkeiten erhält das PKGr die Rechte eines Untersuchungsausschusses. Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder muss das PKGr eine Untersuchung über einen Sachverhalt durchführen. Dieses Recht ist gleichsam dem des Verteidigungsausschusses im Grundgesetz festzuschreiben. Dieses Recht ermöglicht es dem PKGr Missstände in die parlamentarische und gesellschaftliche Öffentlichkeit zu bringen und tatsächlichen Druck auf Verantwortliche auszuüben.

Um geheimdienstliche Tätigkeiten ebenfalls einem Druck der Öffentlichkeit auszusetzen, dem sie sich sonst gut erwehren können, wird eine Aktenveröffentlichungspflicht eingeführt. Sämtliche Vorgänge müssen veröffentlicht werden. Nach 10 Jahren werden alle Akten veröffentlicht, wobei die Ämter ein Widerspruchsrecht haben, sollten sie in einzelnen Fällen die Dringlichkeit einer weiteren Geheimhaltung begründen können. Nach spätestens 50 Jahren werden dann auch diese ohne Widerspruchsrecht veröffentlicht.